NEOS hat den Haushaltsvoranschlag für 2018 in der Gemeinderatssitzung am 14.12.2017 abgelehnt. Gemeinderat Florian Streb hat wie folgt begründet, warum:
Liebe Guntramsdorferinnen und Guntramsdorfer, liebe Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat,
meine Kollegen von NEOS und ich haben beschlossen, dass wir dem vorgeschlagenen Budget für 2018 nicht zustimmen werden, und das aus zwei Gründen:
- Erstens wurden unsere Bedingungen für eine Budgetzustimmung, die wir teilweise schon seit Monaten kommuniziert haben, nicht erfüllt.
- Und zweitens halten wir dieses Budget für nicht nachhaltig, nicht enkelfit.
Ich schicke aber auch gleich voraus: Beide Dinge kann man mit ausreichend gutem Willen in den nächsten Wochen soweit korrigieren, dass wir dann eine Zustimmung geben können.
Was waren nun unsere Bedingungen für eine Zustimmung?
Schon seit dem Frühjahr, seit es keine Koalitionsmehrheit mehr gibt, haben wir darauf gedrängt, dass die gemeindeeigenen Gesellschaften mehr demokratische Kontrolle bekommen, konkret eine Eigentümervertretung, die den Mehrheitsverhältnissen im Gemeinderat entspricht. Jetzt werden Sie fragen:
Warum ist das relevant fürs Budget? Ganz einfach: In der Gemeinde können nur Ausgaben getätigt werden, die vom Budget gedeckt sind. In der Gesellschaft kann derzeit der Bürgermeister als alleiniger Eigentümervertreter bestimmen, was passiert. Das heißt, es gibt eine Hintertüre, durch die sich theoretisch viele Dinge umsetzen lassen, ohne dass man dafür eine Mehrheit im Gemeinderat suchen muss. Und diese Hintertüre wollen wir schon seit unserem Antritt schließen – das ist eine Frage der politischen Hygiene. Wie ich nun letzte Woche erfahren habe, sind neue Gesellschaftsverträge in Arbeit und sollen im Jänner beschlussreif sein. Ob der Entwurf auch unseren Anforderungen entspricht, werden wir dann sehen.
Eine zweite Bedingung war, dass uns ohne Tabus Einsparungs- und Einnahmenpotenziale aufgezeigt werden – also dass man auch unangenehme Einschnitte offen diskutiert und einmal in Zahlen gießt, was sich wo sparen ließe. Das ist etwas, was uns schon seit den Koalitionsverhandlungen 2015 versprochen wird, und worauf wir bis heute warten. Wir als Gemeinderäte haben schon zahlreiche Sparmöglichkeiten aufgezeigt, können aber eine solche Aufstellung nicht im selben selbst Umfang erarbeiten, wie jene, deren tägliches Geschäft es ist, weil wir nicht so tiefe Einblicke haben. Was von dieser Liste dann umgesetzt wird, muss die Politik entscheiden – aber wir brauchen einmal eine Entscheidungsgrundlage. Wiener Neustadt hat das vorgemacht: Dort ist 2015 ein Maßnahmenkatalog erarbeitet worden, aus dem dann die Politik ausgewählt hat, wo der Gürtel enger geschnallt wird und wo nicht.
Und die dritte explizite Bedingung – und die können Sie im Video der letzten Gemeinderatssitzung nachhören, wo wir das Nachtragsbudet 2017 beraten haben – war, dass die 1,3 Millionen Grunderwerbssteuer, die wir heuer nachzahlen haben müssen, nicht dauerhaft auf unserem Schuldenberg landen. Diese 1,3 Millionen hätten eigentlich in das Projekt ORG bzw. Neue Mittelschule fließen sollen. Stattdessen wird für dieses Projekt jetzt in der MGBL KG ein Kredit aufgenommen. (Dass wir durch eine Kreditaufnahme für den Schulausbau die Chance auf höhere „Schulerhalterbeiträge“ anderer Gemeinden haben, darf übrigens keine Ausrede sein: Dann tilgt man eben dafür einen anderen Kredit vorzeitig in der gleichen Höhe. )
Damit leite ich auch über zum zweiten Hauptgrund für unsere Ablehnung: Das Budget ist nicht nachhaltig
Uns ist bewusst, dass man diese 1,3 Millionen wahrscheinlich nicht in einem Jahr einsparen kann – aber man muss einmal mit einem Anteil anfangen! Jetzt ist es aber in diesem Budgetentwurf nicht nur so, dass nichts extra zurückgezahlt wird, sondern es werden sogar neue Schulden gemacht, damit man laufende Ausgaben bedecken kann.
Für die Zuhörer, die weniger bewandert sind mit Gemeindebudgets: Ein Budget gliedert sich in zwei Teile, den ordentlichen und den außerordentlichen Haushalt. Der ordentliche Haushalt ist im Grunde die laufende Verwaltung, alles was von Jahr zu Jahr ähnlich ist, auch allfällige Sanierungen oder Ersatzbeschaffungen. Im außerordentlichen Haushalt findet man „besondere Projekte“, also zum Beispiel eine neue Straße oder einen neuen Spielplatz. Die laufenden Einnahmen sollten die Ausgaben im ordentlichen Haushalt abdecken und auch noch ein bisschen etwas für die außerordentlichen Vorhaben übrig lassen.
Schauen wir uns ein paar Details an:
Als erstes die Müllabfuhr: Wenn Sie sich erinnern, vor drei Monaten hat unser Herr Bürgermeister eine Anhebung der Müllgebühren vorgeschlagen und dazu sinngemäß gesagt: “Es geht sich zwar noch aus, aber wir müssen auch bald ein neues Mistauto anschaffen.”
Jetzt zeigt der Plan fürs kommende Jahr, dass wir mit den Mülleinnahmen im laufenden Geschäft rund 350.000 Euro Überschuss erwirtschaften. Damit könnte man zum Beispiel ein neues Mistauto für 250.000 Euro anschaffen und hätte immer noch etwas übrig. Das passiert aber nicht: Das Budget sieht vor, dass ein neues Mistauto geleast wird, und die 350.000 Euro verschwinden in anderen Bereichen, um Löcher zu stopfen.
Es ist aber nicht so, dass diese 350.000 Euro reichen für einen ausgeglichenen ordentlichen Haushalt. Die laufenden Straßensanierungen – also keine Großprojekte, wo eine Straße komplett erneuert wird, sondern alltägliche Arbeiten – sind im außerordentlichen Haushalt budgetiert, wo sie nix verloren haben. Aber im ordentlichen Haushalt bringt man sie nicht unter, das hat in Guntramsdorf leider mittlerweile Tradition. Da geht es um noch einmal 346.000 Euro.
Das ist aber nicht unser einziges Problem mit dem Straßenbau: Es sind zum Beispiel auch 420.000 Euro für einen Kreisverkehr am Tabor budgetiert. Ich glaube ja durchaus, dass dieser Kreisverkehr die Verkehrssituation in der Hauptstraße und Kerngasse etwas verbessern könnte, aber ich habe zwei Probleme damit: Erstens ist das Projekt unausgereift, wir haben noch keine professionelle Einschätzung, wie sich der Kreisverkehr konkret auf die Verkehrsströme auswirken wird. Und zweitens: Wenn wir uns die 420.000 Euro nicht leisten können, können wir sie uns nicht leisten. Und wir können uns 2018 diesen Kreisverkehr nicht leisten – beziehungsweise nur durch neue Schulden auf Kosten der nächsten Generationen.
Weil sowohl der Kreisverkehr, als auch die laufenden Sanierungen und auch noch andere, allerdings unvermeidbare Straßenbauprojekte sollen auf Pump finanziert werden. In diesem Budget ist insgesamt Straßenbau um eine Million Euro (!) auf Pump vorgesehen: Nämlich 700.000 Euro durch einen neuen Kredit und 300.000 Euro, die sich die Gemeinde sozusagen bei sich selbst aus den kommenden Jahren ausborgt. Dabei handelt es sich nämlich um Aufschließungsabgaben von dem geplanten Wohngebiet mit Doppel- und Reihenhäusern an der Gumpoldskirchnerstraße – also um Geld, mit dem wir eigentlich in den nächsten Jahren dort einen Straßenzug errichten sollten. Dort wird es uns dann fehlen.
Dieses Projekt, das wir sehr skeptisch sehen, verlangt auch umfangreiche Kanalbauarbeiten. Dafür sind 2018 ganze 1,5 Millionen Euro veranschlagt, 1,2 Millionen Euro davon sollen durch einen Kredit finanziert werden . Das wäre in diesem Fall auch in Ordnung, sofern man den Kredit dann nicht bis weit in die Zukunft laufen lässt, sondern in den nächsten Jahren zügig mit den entsprechenden Kanalanschlussgebühren abbezahlt, die in vergleichbarer Höhe eintrudeln sollten.
Was nicht in Ordnung ist, ist, dass wir uns jetzt vom Bürgermeister anhören dürfen, dass erstmals seit Jahren für einen Kanal ein Kredit aufgenommen werden muss, weil wir NEOS einer Erhöhung der Kanalgebühren nicht zugestimmt haben. Lieber Herr Bürgermeister, wenn wir keine 1,5 Millionen Euro für ein Großprojekt ausgeben, das vor drei Monaten in der Kanalgebühren-Kalkulation noch nicht einmal aufgetaucht ist, dann brauchen wir erstens keinen Kredit und haben zweitens noch 300.000 Euro für Kanalsanierungen in den kommenden Jahren übrig.
Ein letzter Punkt im Bereich Abwasser, über den wir auch noch diskutieren müssen ist, dass im Budget ein Projekt über 800.000 Euro für eine Faulungsanlage auftaucht, von dem wir davor noch nie etwas gehört haben. In unserer finanziellen Lage werden wir uns da noch gemeinsam genau anschauen müssen, wie dringlich das ist – unsere Kläranlage ist ja angeblich eine Vorzeigeanlage, hören wir immer wieder, die alle Stückerln spielt.
Zum Abschluss
möchte ich noch festhalten, dass es mich beeindruckt hat, mit welcher Selbstsicherheit unser Bürgermeister in diese Budgetabstimmung gegangen ist: Er hat nämlich nicht einmal versucht, mit uns darüber zu verhandeln. Wir haben diesen Budgetentwurf das erste Mal unmittelbar vor der Auflage zu Gesicht bekommen – da hätte es nicht einmal mehr die Möglichkeit gegeben, Änderungswünsche einzubauen. Und letzte Woche nach der Vorstandssitzung kommt er zu mir und sagt: „Ihr stimmts aber eh zu, oder?“ Das ist schon sehr dreist, auf diesem Weg eine Zustimmung zu erwarten. Wir lassen uns sicher nicht damit erpressen, dass man uns jetzt die Schuld an möglichen Nachteilen gibt, falls heute kein Budget zustande kommt. Aber wir sind gerne bereit, zügig über Änderungen zu verhandeln, damit wir im Jänner dem Budget zustimmen können.
(Nachträgliche Ergänzung: Was wir leider in der Gemeinderatssitzung vergessen haben zu erwähnen und hiermit nachholen wollen, ist, dass sich unsere Kritik explizit NICHT an den Buchhaltungsleiter Hrn. Förster richtet. Er hat den Voranschlag rechnerisch einwandfrei erstellt und unsere Fragen ausführlich beantwortet – für den Inhalt ist er nicht verantwortlich.)
Kommentar gbb ÖVP
gbbÖVP zeigt Verantwortungsbewusstsein und stimmt Guntramsdorfer „BUDGET 2018“ zu
In der Gemeinderatsitzung am 14.12.2017 wurde der Budgetvoranschlag 2018 von den NEOS, Grünen und der FPÖ abgelehnt. Die gbbÖVP stimmte zu, um Schaden von der Gemeinde abzuhalten.
Schon im Vorfeld wurde der Budgetvoranschlag in Gesprächen der Oppositionsparteien heftig diskutiert. Sachlich wurden jedoch keine Punkte identifiziert, die eine Ablehnung gerechtfertigt hätten.
Werner Deringer, Gemeindeparteiobmann der guntramsdorfer bürger bewegung// der volkspartei (gbbÖVP) erinnert sich: “Der Voranschlag (VA) 2018 trägt im Wesentlichen die Handschrift von Elisabeth Manz, der ehemaligen Vizebürgermeisterin der NEOS. Nach Rücksprache mit ihr gab es keine sachlichen Gründe, den VA abzulehnen. Auch von den anderen Parteien wurden keine konkreten Kritikpunkte genannt oder als Antrag eingebracht.“
Die Konsequenzen einer unsachlichen Ablehnung des Voranschlages wären weitreichend gewesen. Danach hätte die Gemeinde nur mehr die gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen erfüllen können sowie jene laufenden Ausgaben leisten, die bei sparsamster Verwaltung notwendig sind.
Das bedeutet aber auch, dass keine Beschlüsse zu Projekten, denen die budgetäre Bedeckung fehlt, gefasst werden könnten.
Das hätte u.a. auch einige Punkte betroffen, die an diesem Tag dem Gemeinderat zum Beschluss vorgelegt worden waren:
ohne Budget
• ist keine Haftungsübernahme der Gemeinde möglich, da das Land NÖ keine Genehmigung dazu erteilen wird.
• keine Förderungen des Landes NÖ für Radweg, Kanalsanierung, Projekt Schülerhaushalt, etc.
• keine Planungsleistungen zur Kläranlage
• kein Retentionsbecken
• kein Ankauf von Toren für Vereine sowie Tafeln und Beamer für BORG
• Entstehen von Fristversäumnis und Vorsteuerschaden, etc.
Werner Deringer erklärt das Abstimmungsverhalten der gbbÖVP so: “Natürlich haben auch wir Änderungswünsche an die Regierungsfraktion, vorrangig Transparenz und Kontrolle über die div. Gesellschaften durch den Gemeinderat sowie die Installierung eines Ausschusses für Finanzen, Beteiligungen und Rechtsangelegenheiten. Im derzeitigen Kräfteverhältnis könnten wir dies jederzeit auf die Tagesordnung bringen. Deshalb müssen wir nicht die Gemeinde handlungsunfähig machen!?“
In sozialen Medien wurde der gbbÖVP vorgeworfen wortbrüchig und „umgefallen“ zu sein. Deringer:“ Unser Abstimmungsverhalten ist in erster Linie von sachlichen Gründen abhängig. Taktische Spielchen zu Ungunsten unserer Guntramsdorfer Bürger halten wir für unverantwortlich!“
Kommentar FPÖ Guntramsdorf
Guntramsdorfer Budgetvoranschlag 2018 gegen die Stimmen von FPÖ, NEOS und Grünen aufgrund des Umfallers der gbb-ÖVP beschlossen.
Trotz oppositioneller Einigkeit bei Vorgesprächen, dem Millionenbudget 2018 aufgrund der nach wie vor signifikanten Pro-Kopf Schulden der Guntramsdorfer Bürger in der Höhe von beinahe 10.000,- Euro, undurchsichtigen Finanztransaktionen zwischen Gemeinde, Gemeindegesellschaften und –betrieben, Gerichtsverfahren (samt Millionenklagen) wegen unverantwortlicher Spekulationen und vielem mehr, NICHT zuzustimmen, fiel die gbb-ÖVP, offensichtlich angesichts einiger teurer Prestigeprojekte, die man sich auf die Fahnen heften will, um wie ein morscher Baum.
Interessant in diesem Zusammenhang, dass der Finanzsprecher der gbb-ÖVP anfangs der Sitzung noch davon sprach, dem Budget nicht zuzustimmen, dann aber offensichtlich dem Clubzwang folgen musste.
Somit ist man um die historische Chance, bis zur Auflage eines binnen weniger Wochen vorzulegenden Abänderungsbudgets aktiv eingreifen und Verbesserungen mittragen zu können, geprellt worden, und muss weiterhin zuschauen, wie die Ortsregierung das Geld der Bürger so lange hin und her verschiebt, bis keiner mehr weiß, wo es sich befindet und selbst der gewiefteste Hütchenspieler vor Neid erblasst.
Persönliche Vorteile sollten unserer Auffassung nach nie über denen der Guntramsdorfer Bürger stehen, insgesamt ein schäbiges Spiel.
Wir von der FPÖ werden jedenfalls für windige Spielchen auf dem Rücken der Bürger nicht zur Verfügung stehen und stets versuchen, das Beste für Sie, liebe Guntramsdorfer und Guntramsdorferinnen, umzusetzen.